Montag, 16. Juni 2014

Flamenco in Büsum

Meine Zunge und ich sind uns in Sachen Genuss ziemlich einig. Was wir zu uns nehmen, muss gut sein… wenn wir schon fett davon werden.

Gemäß dem Motto: „Millionen Fliegen können nicht irren, Scheiße muss schmecken!“, sollte man bei der Wahl der Lokalität, in der man zu speisen gedenkt,  darauf achten, wie frequentiert der Laden ist. Ein gut besuchtes Restaurant ist meist ein Indiz für den gehobeneren Durchschnitt.
Eine riesige Karte, die aussagen soll: „Wir können alles!“, hingegen irritiert. Denn das kann eigentlich niemand.

So… und trotzdem bin ich reingefallen. Büsum. Fußgängerzone. „Flamenco“.
Ein einzig besetzter Tisch… nur Getränke… die Terrassenwände bepinselt mit den Angeboten aus der Karte unter Flaggen aus Spanien, Deutschland, Italien…mediterrane Küche getauft.
Die Rundumleuchte in meinem Kopf hätte  sofort anspringen müssen. Aber Hunger ist nicht nur der beste Koch, sondern auch ein Beschleuniger für IchwilljetzthiersitzenundsoforteinpaarTapas!

Das Personal bestand  komplett aus „Agadoren“. Falls sich jemand erinnert… Agador, das war der charmante Typ aus „The Birdcage-Ein Paradies für schrille Vögel“, der normalerweise den ganzen Tag barfuß lief und einzig für die bevorstehende Scharade in Schuhe und Buttler-Kluft gestopft wurde, was ihm zwar nicht unbedingt zum Vorteil gereichte, aber doch relativ spaßig anzusehen war.

Agadore gab es hier offensichtlich mehrere, was sich wie ein roter Faden bis in die Küche durchzog.
Die Bestellung kam komplett in Kolonne, von 3 Agadoren getragen, ob Vorspeise oder Hauptgericht...egal. Während des Serviervorgangs pampten sie sich gegenseitig an, wer denn jetzt für diesen Unsinn verantwortlich wäre. Der rustikale Tisch brach unter der Tellerlast beinahe zusammen. Die Kinder blickten verwirrt… ich auch…

Wir konzentrieren uns: Mein Gericht sollte laut Karte ein Seeteufel auf Ratatouille sein. Aber es war trockener Lachs in mundgerechten Stückchen, zusammen mit sehr bissfestem Gemüse in eine Auflaufform gekippt, gekrönt von einem darauf gestürzten Häufchen Reis, ein Hauch Petersilie on top. Interessantes Arrangement.
Nach dem ersten Bissen Lachs fragte ich mich, ob Agador in der Küche den Unterschied zwischen Lachs und Seeteufel überhaupt kannte. Oder war Fisch ein Sammelbegriff, für alles was Kiemen hat? Sollte ich hier etwa mit Anlauf verkaspert werden?
Vom Fischlein wechsel dich mal abgesehen… wie konnte ein Koch es schaffen, dass Fisch und Gemüse… eigentlich in einem Sud… Garstufen hatten, die qualitativ auseinander lagen wie die Pole unserer Erde? Wo hatte der Lachs sich zwischenzeitlich nur so lange sonnen können?

Ich stocherte lustlos in meinem Förmchen herum und fragte einen der servierenden Agadore, ob er wisse, dass das Lachs und kein Seeteufel sei. Unbefriedigende Antwort begleitet von hilflosem Schulterzucken war in etwa, der Koch hätte dann wohl keinen Seeteufel mehr gehabt.
Na dann… muss ich ja nicht wissen …
Und die Rechnung… die muss das auch nicht wissen…
Blöd nur… dass meine Zunge das gemerkt hat.

Bemühte Agadore in allen Ehren… wir waren nicht satt und ich bin sauer.

2 Kommentare:

  1. Auf Büsums Gammelfleischallee (Fussgängerzone Alleestr.) kann man doch teilweise gut essen - Schnitzel oder Scholle, oder Schnitzel oder vielleicht auch Currywurst, oder einfach mal ein Schnitzel essen. Sonst laden auch viele Restaurants in Büsum zum Schnitzelessen ein, man kann sich meist aber auch eine Scholle oder eine Currywurst bestellen. Andernfalls muss man eben mit einem Schnitzel vorlieb nehmen. Oder mit einer Scholle.

    Gehobene Küche wird man in Büsum in den nächsten 20 Jahren nicht finden. Jeder Laden der sich ernsthaft an phantasievoller und hochwertiger Küche versucht hat, ist sang- und klanglos untergegangen. Kein Wunder, Büsum ist eine einzige grosse Ü70-Party und die Gäste haben völlig andere Ansprüche an die Gastronomie - Geschmack ist in dem Alter wohl völlig egal, billig und leicht verdaulich muss es sein und sogar mit letzterem kann die Büsumer Küche nur selten (also eigentlich gar nicht) aufwarten.

    Man geht ja auch nicht in eine Altersheim-Kantine um kulinarische Sensationen zu erleben.

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    1. Dann werde ich mit meinem nächsten Besuch wohl noch etwas warten müssen. :-)

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