Freitag, 6. November 2015

Igeline - Teil 3 oder Die Rückkehr der Igeline

Teil 1 gibt´s hier.
Teil 2 gibt´s hier.
Telefonate mit der Igelfrau gibt´s hier.

SMS von meinem Murmelkind: "Bei Papa war vor der Haustür, also auf der Wiese dort war ein Igel"

Ach Gott! Da war doch was!
Wollte sich nicht die Igelfrau zurückmelden, nachdem ich sie gefühlt das einhundertste Mal anrief? Inzwischen ist der ganze Sommer vergangen und von der Igeline nach wie vor keine Spur. Jetzt rufe ich sie doch noch einmal an.

Es klingelt. Endlos lang.
Die Igelfrau meldet sich völlig verschlafen. Oh. Da war mir wohl tatsächlich kurzfristig entfallen, dass sie ja mit den Igeln ins Bett geht und erst nachmittags zurück unter die Lebenden kehrt. Nachdem sie ihre fünf Sinne zusammen gesammelt hat, kann sie sich auch an mich, die Telefonterroristin erinnern und meint nur kurz: "Ja ... die Igelin kann jetzt raus." Wir einigen uns flugs auf einen Abholtermin und legen auf.

Ich bin noch etwas ungläubig. Habe ich doch heimlich schon damit gerechnet, dass die Igeline bereits vor Wochen ihr Stachelbündel geschnürt und sich ein munteres Liedchen pfeifend vom Hof der Igelfrau gemacht hat. Jetzt brauche ich schnell ein neues Zuhause für unser heimkehrendes Stacheltier. In den Stadtpark kann sie nicht zurück. Dort gibt es freilaufende Hunde und auch das Laub, das ein Igel für seinen Winterschlaf braucht wird in Kürze lautstark zur Seite gepustet und abtransportiert. Aber darum kümmere ich mich später.

Als wir bei der Igelfrau eintreffen, kann ich sehen, dass die haarigen  Wellen, die ihr einseitig vom Kopf abstehen, vor kurzem offensichtlich einem Friseur vorgeführt wurden. In der Wohnung steht der gleiche Gestank Geruch wie im Frühjahr, nur intensiver. Hinter einem Stapel Flyer, an dem wir uns vorbei drücken, steht in Laufrichtung ein kleiner Karton ohne Deckel, in dem ein Igel sitzt und seine Nase schnuppernd in die Luft reckt. 
"Ja, das ist Ihre.", nickt uns die Igelfrau aufmunternd zu. "Aber ich mach sie Ihnen gleich noch transportfertig." 
Dann verschwindet sie wieder hinter einem Berg Kartons. Wir warten.


Heute ist es hier ganz schön umtriebig. Verschiedene Damen sortieren Flyer, offenbar für irgendwelche Igel-Events, die am Wochenende stattfinden. Also sind wir pausenlos damit beschäftigt, uns Lücken zwischen den Kartons zu suchen, um dem eiligen Treiben auszuweichen.

Zurück aus den Kartons schnappt sich die Igelfrau unsere Igeline und verschwindet mit ihr im Bad. Mit routiniertem Griff landet das Stacheltier auf ihrem Schoß und wird eingeölt. Immerhin fehlen ihr noch ein paar Stacheln. Auch die Krallen werden noch einmal gestutzt. 
"Die Stacheln wachsen so langsam, weil die Igelin schon eine etwas betagtere Dame ist." erfahren wir. Sie ist ungefähr vier Jahre alt, was man am Zahnstein erkennen kann, so man es denn schafft, ihr das Schnäuzchen aufzureißen. Lassen wir heute aber lieber. Fußnägel schneiden ist doof genug. Kann jedes meiner Kinder heftig nickend bestätigen. 



Aufgerüscht und duftend zieht die Igeline wieder in ihren Schlafkarton und mit diesem um zu uns nach Haus. Hier wartet schon ein Umzugskarton, in dem sie die nächsten Tage bis zum endgültigen Auszug beheimatet sein wird. Ein paar Schälchen habe ich auch schon besorgt. Aus Ton. Schwer genug, dass sie nicht auskippen, wenn versehentlich ein Igelfuß in den Napf steigt. Von der Igelfrau  haben wir noch etwas Igelfutter bekommen, das wir jetzt mit Katzenfutter -ohne Soße und Gelee- mixen. Dann lassen wir die Igeline auf Balkonien in Frieden. 

Da der eigentliche Plan, die Igeline an der Ostsee auszusetzen geplatzt ist, suche ich im Netz nach einem entsprechenden Ersatz. Die Blogwelt liefert da doch ein paar Möglichkeiten. Nach ein paar Tagen ist klar, wo die Reise hingeht: Auf ein an eine Pferdekoppel und einen Wald grenzendes Grundstück. Hier leben bereits Igel. Aber bei dem Angebot an Platz, sollte es unter Igeln glich sein, sich auf ein paar Hektar zu einigen. Am Wochenende soll es losgehen.

Allerdings macht mir die Igeline langsam wieder etwas Sorgen. Sie frisst so gut wie nichts. Selbst unser liebevoll zubereitetes Rührei mit Äpfeln rührt sie kaum an. Als Flummi und ich sie zur näheren Betrachtung eines Abends aus dem Karton holen, liegt sie einigermaßen phlegmatisch auf der Seite. Der Flummi und ich sehen uns ratlos an und ich frage: " War das nicht ein schlechtes Zeichen, wenn ein Igel auf der Seite liegt?"  
"Hmm ... " Flummi nickt.



Fotos: Ichnicht (Versucht ständig, vom Ei zu naschen. Kriegt aber keins!)