Donnerstag, 7. April 2016

Ichnicht - Eine beginnende Liebesgeschichte

Als wir mit Ichnicht durch Lissabon bummeln und er schon lange keine Lust mehr hat, olle Auftragsfotos mit Millionen Touristen im Hintergrund zu schießen, nörgelt er eine Weile vor sich hin, sucht immer größeren Abstand zu uns, um angeblich das große Ganze besser unter die Linse zu bekommen und nutzt dann die Gunst der Stunde und eine kleine Seitengasse, in der er von jetzt auf gleich verschwindet

Hin und wieder hat er solche Anwandlungen, wenn ihn Fremde um ein Foto mit ihrer Kamera oder dem Smartphone bitten. Er dirigiert sie in die verknotetsten Posen, geht rückwärts in die Knie, steht wieder auf, fuchtelt erneut zum Zeichen der menschlichen Umgruppierung, geht noch ein Stück rückwärts - und zack - weg isser! 

Das hat er sich offenbar mal bei einem ziemlich durchgeknallten Känguru abgeguckt, welches es allerdings einfacher hatte, alles Mögliche in seinem Beutel zu stopfen. Unter einem Panzer sehen elektronische Geräte etwas seltsam aus.

Und da es etwas schwierig ist, jeder Polizei auf dieser Welt zu erklären, dass eine Schildkröte namens Ichnicht ihnen ihre Lieblingshardware auf simpelste Art und Weise ...  Aber das ist eine ganz andere Geschichte.

Abends beim fischigen Dinner sind wir noch immer alleine. Mein Telefon klingelt während wir essen und Ichnicht nuschelt etwas von ich möge doch bitte seinen Rückflug stornieren in meine Ohrmuschel. Ich bin verwundert. Erstens, weil wir noch nie miteinander telefoniert haben und zweitens ... er will in Lissabon bleiben???!!! Das kleine Panzertier scheint sich da sehr sicher und lässt keine Diskussion zu. Als ich zum wiederholten Male nachfrage, legt er einfach auf. 

Konsterniert lasse ich das Telefon sinken, setze kurz Herrn Fuchs ins Bild und tu wie mir geheißen. Ich storniere den Flug. Ganz aufgeben kann ich aber trotzdem nicht. Ich schicke eine Nachricht an die letzte Nummer, die ich in meiner Anrufliste lesen kann, in der Hoffnung, dass es diesmal wirklich sein eigenes Telefon ist: "Warum, um alles in der Welt, willst Du hierbleiben?"
Es kommt auch prompt eine Antwort: "Sie ist sehr hübsch." 
Ach Du großer Vater! Er ist verliebt!
"Woher kennst Du sie?"
Er schickt ein Selfie zusammen mit ihr, auf dem ich nicht viel mehr erkennen kann, als einen debil grinsenden Ichnicht und ein Büschel brauner Haare und schreibt: "Sie hat mich um ein Foto gebeten und da habe ich ein Selfie von uns beiden gemacht ... Der Rest wird Geschichte. Machs gut."  
"Ja, diese Geschichte würde ich nur gerne lesen/hören."  
Keine Antwort mehr. 

Ich seufze und schiebe ein Stück inzwischen kalten Fisch auf meine Gabel. So ist das eben. Gerade noch eine Adoptivschildkröte, auf der alle rumtrampeln konnten ... Und jetzt isse verliebt. Was Flummi und Murmel wohl dazu sagen werden? 

Es klingelt wieder mein Telefon. Ichnicht ist dran. 
"Und der Murmel kannst Du sagen, dass Ichnicht zum Geburtstag kommt.", spricht´s und legt wieder auf. Offensichtlich kann er meine Gedanken lesen und hat seine Stiefgeschwister noch nicht völlig vom Radar gestrichen.

Dass Ichnicht mit seiner Angebeteten in Hamburg ist, wissen die geneigten Leser des letzten Blogposts. Und auch, dass er seinen Fotojob nicht komplett an den Nagel gehängt hat. Es bleibt also spannend.

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