Donnerstag, 28. Mai 2015

Ich hab die Nägel schön …

Bis jetzt hatte ich sie nie beachtet, die kleinen Läden in den Einkaufszentren, in denen man sich für relativ kleines Geld mani- und pediküren lassen kann. Die Mitarbeiterinnen sind durch die Bank asiatischer Herkunft und verständigen sich nur spärlich in der Sprache ihres Gastlandes. Es ist ein bisschen wie ein eigenes kleines Universum, in welches man für ein paar Minuten abtauchen kann, denn länger dauert hier eine Behandlung nicht.


Nach einem einzigen Versuch im Urlaub in Übersee vor Jahren, wo man mir bei einer Maniküre die Nägel versuchsweise im Kreis feilte, ließ ich voller Furcht buchstäblich die Finger davon. Ewig. Bis heute.
Heute bin ich mutig und entscheide mich für eine Maniküre und Lack auf meinen Nägeln von einer dieser niedlichen Asiatinnen, die in dem gläsernen Schaukasten da vorne hocken. 

Nachdem  von meiner Manikeuse in einer gefühlten Ewigkeit mühsam aber letztendlich erfolgreich abgefragt ist, was ich möchte ... ich kann ihr Sprechorgan aufgrund eines Michael-Jackson-Gedächtnis-Mundschutzes nicht sehen, Lippenlesen hätte die Kommunikation sicher vereinfacht ... werde ich an einen Tisch manövriert, auf dem allerlei Gedöns steht. Darunter ein Mini-Atompilz und jede Menge Ansichtsmuster für Nagellackfarben.
Ich bleibe gespannt.


Während ich genötigt werde, meine Finger in ein Bad zu halten, entspinnt sich eine anregende Unterhaltung unter den Asiatinnen. Ich als Kundin bin Luft. Meine Manikeuse, die offensichtlich viele Wörter für ihre Kolleginnen übrig hat, bearbeitet meine aus dem Bad gehobenen Finger jetzt nebenbei mit geübten Griffen, die sie nicht unbedingt mit ihren Augen begleiten muss, wie es scheint. Sie schnippelt, feilt und lacht dabei mit den anderen mundbeschützten Damen um die Wette. Ich fühle mich ein wenig … ausgelacht. Sicher lästern sie über meine Nägel, auf denen vom Halbmond am Nagelbettrand schon lange nichts mehr zu sehen ist. Und ich arme Irre möchte auch keine künstlichen Nägel, sondern lediglich mein mir von Mutter Natur gegebenes Material aufrüschen lassen ... lächerlich!

Beschließe das Gelächter und die hin- und herfliegendenden asiatischen Fetzen zu ignorieren,  beobachte meine Hände und was mit ihnen gemacht wird. Als das zu eintönig wird ... wenn die Manikeuse schon nicht hinsehen muss, ich ja wohl auch nicht ... betrachte ich die anderen Kundinnen, ihre Nägel und was mit ihnen veranstaltet wird. Vor ihnen stehen meist kleine Kästchen mit überdimensionalen Plastikkrallen, die wie von Geisterhand auf ihren Fingern landen, auf die richtige Größe gestutzt und mit lustig bunten Bildchen verziert werden. Für meinen Geschmack ist das eindeutig zu viel. Mag weder Plastik noch Comics auf meinen Nägeln. 

Derweil ist die Manikeuse schon so weit, dass sie die von mir ausgesuchte Farbe auf meine Nägel träufelt. Diesmal wird ihre Arbeit doch tatsächlich von ihren Augen begleitet. Allerdings hört das Geschnatter nicht auf, welches mir mehr und mehr auf den Kranz geht. 

Nachdem Unter-, Farb- und Oberlack aufgebracht sind, kommt der Mini-Atompilz zum Einsatz. Ich werde genötigt, meine Finger unter ihm zu parken. Kalte Luft streicht um meine Finger, während die nächste Hand aufgemöbelt wird. 
Soll das so? 
Als die nächste Hand zum Trocknen parkt, bemerkt die Manikeuse ihren Fehler und schickt diesmal erwärmte Luft aus dem Pilz. Nach vermeintlich abgeschlossenem Trocknungsvorgang werden mein Hände jetzt eingecremt. Dies geschieht wieder ohne Begleitung von Manikeuses Augen und hat zur Folge, das Uhr und Jackett gleich mal gründlich mit eingecremt werden. Sie bemerkt das nicht einmal und schickt Lachsalven in Richtung ihrer Kollegin am Ende der anderen Tischreihe. 
HAHA! Witzig!

Vor dem Bezahlen ckecke ich das Ende meiner oberen Extremitäten und bin eigentlich ganz zufrieden. 
Doch dann, als ich mein Portemonnaie zur Geldentnahme aus meiner Tasche angele, bekommt schon mal der frischlackierte Daumennagel einen fetten Ditsch. Arrrggghhh! Blöder Kaltduscher-Pilz! Ich zahle und verlasse den Ort des asiatischen Geschnatters. 

Der restliche Lack hält gute drei Tage, bis er abzuplatzen beginnt. Das ist schon mal länger als der Lack, den ich hier im Hausgebrauch habe. 
Leider hat die Manikeuse, die nie hinsieht, bei meinem Ringfinger voll ins Nagelbett gefeilt. Es ist entzündet. 

Dreimal raten: Wo geh ich bestimmt nicht wieder hin?

Foto: Ichnicht (liest nägelkauend den Text)